Standortförderung
Die Landesagentur e-mobil BW stellte am 21. September in der Zukunftswerkstatt 4.0 in Esslingen und per Livestream eine neue Studie vor. Darin werden Szenarien für das Marktvolumen und die Beschäftigung im freien Aftersales beleuchtet.
Eine neue Studie der Landesagentur e-mobil BW und der Landeslotsenstelle Transformationswissen BW untersucht, wie Geschäftsmodelle im Kfz-Gewerbe angepasst und neu gedacht werden können, um im freien Servicemarkt zu bestehen. Die Ergebnisse der Studie "Servicemarkt 2040: Perspektiven und Strategien für freie Werkstätten" wurden am 21. September gemeinsam mit dem Autorenteam vom Institut für Automobilwirtschaft (IfA) und dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) sowie dem ebenfalls beteiligten Verband des Kraftfahrzeuggewerbes Baden-Württemberg e.V. in der Zukunftswerkstatt 4.0 in Esslingen vorgestellt. Rund 80 Teilnehmende waren in Esslingen in der Zukunftswerkstatt 4.0 vor Ort zur Studienvorstellung anwesend, zusätzlich schalteten sich über 60 Personen digital zu.
Die Studie kann ab sofort in der Publikationsdatenbank kostenlos heruntergeladen werden.
Von den insgesamt 36.570 Kfz-Werkstätten in Deutschland waren im Jahr 2021 rund 22.000 Betriebe markenungebunden. Freie Werkstätten machen damit deutschlandweit nahezu zwei Drittel der Betriebe aus und bieten über 105.000 Arbeitsplätze. Die Unternehmen sind zu großen Teilen Klein- und Kleinstbetriebe. Ihr wirtschaftliches Rückgrat ist das Werkstatt- und Teilegeschäft. Rückläufige Wartungs- und Reparaturintensitäten je Fahrzeug reduzieren das Auftragsvolumen im freien Servicemarkt, sodass die Geschäftsmodelle im Kfz-Gewerbe grundsätzlich angepasst - vielmehr sogar neu gedacht - werden müssen. Wie genau, das untersucht die neue Studie "Servicemarkt 2040: Perspektiven und Strategien für freie Werkstätten".
„Freie Kfz-Betriebe tragen mit ihren Wartungs- und Reparaturleistungen entscheidend dazu bei, dass der motorisierte Individualverkehr – insbesondere in ländlichen Regionen – funktioniert“, sagte Franz Loogen, Geschäftsführer der Landesagentur e-mobil BW. „Erfolgsentscheidend für zukünftige Geschäftsmodelle sowie digitale Services wird im Aftersales der Zugang zu Fahrzeug- und Kundendaten sein. Dazu müssen sich freie Werkstätte neue Kompetenzen aneignen und Unternehmensstrategien anpassen. Hierbei bietet Baden-Württemberg Unterstützung, z.B. mit den Beratungsgutscheinen speziell für kleine Betriebe oder mit kostenfreien und persönlichen Lotsengesprächen.“
Ein Kernergebnis der Studie ist, dass die deutschlandweite Beschäftigung in freien Kfz-Werkstätten bis zum Jahr 2030 um rund 18 Prozent und bis zum Jahr 2040 um rund 36 Prozent (jeweils gegenüber dem Jahr 2021) sinken wird. In Baden-Württemberg wird bis 2030 sogar mit einem Minus von 22 Prozent und bis 2040 von 38 Prozent gerechnet. Damit wirken sich die zunehmende Digitalisierung und Elektrifizierung in Fahrzeugen, aber auch der generelle Fachkräftemangel und protektionistische Maßnahmen der Fahrzeughersteller, massiv auf das Kfz-Handwerk aus. Betroffen sind von der Abnahme insbesondere Tätigkeiten in der Serviceberatung, im Leitungsbereich Teile und Zubehör sowie im Lager.
Gleichzeitig ermittelt die Studie auch einen Rückgang der Anzahl der freien Kfz-Betriebe, bis 2030 um 20 Prozent und bis 2040 um 40 Prozent im Vergleich zu 2021. Wettbewerbsverstärkend wirkt der fortschreitende Konsolidierungsprozess im markengebundenen Kfz-Markt, der den Wettbewerb im freien Aftersales durch die Abwanderung der Betriebe intensiviert.
Weitere Prognosen für das gesamte Kfz-Gewerbe finden Sie in der Hauptstudie „Beschäftigungseffekte im Kfz-Gewerbe 2030/2040“ aus Januar 2023.
Mit steigendem Fahrzeugalter werden die zunehmenden Wartungs- und Verschleißreparaturen in der Regel häufiger von freien Werkstätten durchgeführt, während die Betreuung junger Fahrzeuge meist durch markengebundene Betriebe erfolgt. Daher bewertet die Studie den immer größer werdenden Anteil älterer Fahrzeuge im Gesamtfahrzeugbestand positiv für den freien Aftersales. Zudem wirkt sich die Erhöhung von verbauten Fahrerassistenzsystemen in den Fahrzeugen positiv auf das Servicemarktvolumen aus. Die Digitalisierung bietet zudem Chancen für neue Geschäftsmodelle und verbesserten Kundenservice. So bietet beispielsweise Predictive Maintainance die Möglichkeit, den Fahrzeughalter:innen konkrete Reparatur- und Serviceangebote zu unterbreiten, bevor ein Schaden am Fahrzeug eintritt.
Die dargestellten Chancen machen aber auch deutlich, dass der Zugang zu Daten, Ressourcen und Funktionen, insbesondere von vernetzen Fahrzeugen, zukünftig eine zentrale Rolle für den Erfolg im freien Aftersales sein wird. Die Studie betont daher, dass protektionistische Maßnahmen der Fahrzeughersteller im Bereich Datenzugang sowie Fahrzeug- und Kundenbindung den freien Betrieben den Marktzugang erschweren und für sie ein Wettbewerbsnachteil sein können.
Grundsätzlich werden in der Studie vier Strategieoptionen benannt, um das freie Servicegeschäft abzusichern: organisches Wachstum, externes Wachstum, Wachstum anhand Spezialisierung oder Marktaustritt. Um die Betriebe bei der Erschließung ihres Strategiepfads zu unterstützen, gibt die Studie Toolboxen an die Hand. Trotz begrenzter personeller und finanzieller Ressourcen in den freien Kfz-Betrieben kann so ein individueller und langfristig angelegter Strategieprozess angestoßen werden.
Zusätzlich können Kfz-Betriebe zukünftig einen Transformations-Check zur strategischen Orientierung und Ausrichtung mit professioneller Betreuung durchlaufen. Das kostenfreie Angebot wird gemeinsam von der Landesagentur e-mobil BW, der Landeslotsenstelle Transformationswissen BW, der IG Metall Baden-Württemberg, dem Verband des Kraftfahrzeuggewerbes Baden-Württemberg sowie der Zukunftswerkstatt 4.0 erarbeitet und zur Verfügung gestellt werden.
Quelle: e-mobil BW