Good News
Der baden-württembergische Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW, der Automobilhersteller Audi und das Beratungsunternehmen Intelligent Energy System Services (IE2S) haben einen innovativen Ansatz entwickelt, um überschüssigen Strom aus erneuerbaren Energien effizient zu nutzen. Das Konzept bietet Kosteneinsparungen für Besitzerinnen und Besitzer von Elektrofahrzeugen - ohne intelligenten Zähler (Smart Meter) oder dynamische Stromtarife.
Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien entsteht bei sonnigem Wetter zunehmend die Situation, dass das Stromnetz mit Solarstrom „überflutet“ wird. Dies kann zu negativen Preisen an der Strombörse oder im schlimmsten Fall zu einer Abregelung von Erzeugungsanlagen führen. Elektrofahrzeuge könnten hier einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie überschüssigen Strom aufnehmen und flexibel auf Preissignale reagieren. Die Herausforderung: Bisher erfordern solche Ladevorgänge Smart Meter und dynamische Stromtarife. Jedoch sind laut Smart-Meter-Initiative erst zwei Prozent der deutschen Haushalte mit einem Smart Meter ausgestattet.
TransnetBW und seine Partner haben im Rahmen des Pilotprojekts iSLP (intelligentes Laden im Standardlastprofil) einen alternativen Ansatz entwickelt, der ohne diese Systeme auskommt. Das Verfahren nutzt bestehende Prozesse und ermittelt die Abweichungen zwischen dem tatsächlichen Stromverbrauch und dem zuvor errechnetem Standardlastprofil. Auf Basis der Börsenstrompreise werden die Ladevorgänge intelligent gesteuert und im Differenzbilanzkreis des lokalen Verteilnetzbetreibers bilanziert. Das Laden der Elektrofahrzeuge erfolgt über entsprechende Steuersignale – ohne Einschränkung des Nutzerkomforts.
Der Ansatz wurde zunächst mit 880 digitalen Fahrzeugen simuliert. Die Tests zeigen, dass durch die Verschiebung der Ladevorgänge in Zeiten niedriger Strompreise die Ladestromkosten um 62 Prozent und die Kohlendioxid-Emissionen um 36 Prozent gesenkt werden konnten. Hochgerechnet auf das Jahr 2035 könnten so in Deutschland rund zwei Milliarden Euro eingespart und rund eine Million Tonnen Kohlendioxid pro Jahr vermieden werden.
In einer zweiten Phase wurde der Ansatz mit etwa 20 realen Fahrzeugen erfolgreich erprobt. Angesichts der geringen Marktdurchdringung von Smart Metern können die großen Flexibilitätspotenziale dezentraler Verbraucher derzeit jedoch nicht ausreichend erschlossen werden. Mit dem erfolgreichen iSLP-Pilotprojekt haben TransnetBW, Audi und IE2S einen Weg aufgezeigt, wie man auch ohne Smart Meter und dynamische Stromtarife von günstigeren Ladebedingungen für Elektrofahrzeuge profitieren kann.
Der regulatorische und rechtliche Rahmen würde es derzeit prinzipiell zulassen, dass sich Verteilnetzbetreiber an einem solchen System beteiligen. Denkbar ist aber auch, dass die Übertragungsnetzbetreiber die zentrale Steuerung übernehmen, wofür jedoch zunächst die notwendigen regulatorischen Rahmenbedingungen geschaffen werden müssten. Diese Entwicklung zeigt, wie innovative Ansätze die Elektromobilität voranbringen und gleichzeitig einen Beitrag zu Effizienz und Nachhaltigkeit im Energiesektor leisten können.